Freitag, 4. Mai 2012

Wie Damals und doch ganz anders.

6 Federn.
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Der Wind weht mir meine Haare ins Gesicht, ich streiche mir eine Strähne beiseite und sehe dich an. Es ist fast wie früher, als  wir noch kleiner waren. Oft haben wir uns in dieses Kornfeld gesetzt und der Sonne beim Untergehen zugesehen. An deine Worte erinnere ich mich noch heute. Immer hast du „Wenn die Sonne untergeht, dann küsst sie die Erde“, gesagt und ich, ich habe dir jedes Mal Recht gegeben. Trotzdem, Früher war weit weg. Lange vergangen.
Ich möchte dich so vieles Fragen, dir so viel sagen, doch alles scheint im Moment unwichtig, bedeutungslos.
„Du hast dich verändert“, sage ich schließlich und lächle traurig.
„Mag sein“, du blickst mich an, deine Augen mustern mich. Mir fällt auf, dass sie noch immer so ein helles Blau haben, wie damals. Damals. Es schien eine Ewigkeit her zu sein. Ich lege mich hin und schaue in den rötlichen Himmel, die Wolken dort sehen aus wie eine kleine Stadt.
„Weißt du noch?“, um dich anschauen zu können  drehte ich den Kopf, „Wir haben immer die Wolken gedeutet.“
Du fängst an zu lachen und lässt dich neben mich sinken, „Wie könnte ich das vergessen!“
 Mit einem Finger zeige ich auf eine Wolke, direkt über meinem Kopf, „Diese dort sieht aus wie eine Blume.“
„Blume? Du bist verrück,  die ist ein definitiv ein Hund!“, das schiefe Grinsen kehrt auf deine Lippen zurück und ich merke, wie sehr ich es vermisst habe. Meine Hand fährt wie automatisch zu deinem Kopf, um dir durch die kurzen Haare zu wuscheln.
„Lass das!“, lachend hältst du sie fest, weiterhin in den Himmel starrend. Ich frage mich, an was du wohl denkst. Ob es dir wie mir geht, und du dich an unsere Kindheit erinnerst? Vielleicht daran, wie wir Ritter und Prinzessin gespielt hatten. Du, mein edler Ritter, welcher mich immer beschützt hatte, und ich die hübsche Prinzessin, die Blumenkränze flocht und dir haufenweise Tempos schenkte.
Als ich kichere siehst du mich an, „Was?“
„Mein edler Ritter?“, antworte ich. Mit dem Zeigefinger stupst du mir gegen die Stirn, das hast du früher oft gemacht. - Eigentlich immer. Du pflückst eine Blume und beginnst mich damit an der Nase zu kitzeln, „ Ja, holde Prinzessin?“
„Ich habe dich vermisst“, meine Worte sind ehrlich, voller Sehnsucht.
 Plötzlich wirst du still, deine Augen weichen meinen aus. Mit einem mal richtest du dich auf. Du starrst schweigend in die Ferne, ernst und regungslos. Ich möchte etwas sagen, doch über meine Lippen kommt kein Mucks. Ich bleibe stumm, und kann nichts anderes tun, als dich anzusehen. Langsam setzte ich mich hin, den Kopf lege ich auf deine Schulter. Ich kann deinen Herz schlag hören, wenn auch nur leise. Er gibt mir einen Augenblick lang das Gefühl, als wäre die Zeit stehen geblieben. Während du noch in die Weite siehst formen deine Lippen Worte, „Es ist so unfair, weißt du?“
„Du vermiss sie, nicht wahr?“, flüstere ich, traurig nickst du.
„Sie war meine kleine Schwester, natürlich fehlt sie mir!“, deine Augen glänzen. Ich ziehe die Knie an und stütze das Kinn darauf. Mir läuft eine Träne über die Wange, „Ich vermisse sie auch“
Du starrst immer noch geradeaus, schaffst es nicht mich anzusehen. Ich weiß, dass du  weinst.
„Meinst du, es tut weh?“, fragst du, wie aus dem nichts.
„Was?“
„Sterben“
 Ohne lang zu überlegenen kann ich dir antworten. Diese Frage hatte ich mir schon oft gestellt,  „Ich glaube nicht, ich glaube es ist wie… wie träumen“. Meine Hand ruht auf deiner Schulter und lehne mich vorsichtig wieder gegen dich. 
„Träumen?“, du lächelst. „Bestimmt hat sie sich gut gefühlt. Sie war immer eine Träumerin, wie du“
Ich nicke, dann spüre ich wie sich deine Hand um meine legt. Unsere Finger verschränken sich und wollen nicht mehr gelöst werden. Ich bewege mich nicht, genieße einfach nur deine Nähe. Lange sitzen wir so da, beobachten die Sonne beim Untergehen. Früher, schien auf einmal wieder ganz nah, nur dass es Jetzt war.
Ich öffne den Mund, will dir sagen, wie viel du mir bedeutest, wie sehr ich mich nach dir gesehnt hatte. Doch du schüttelst den Kopf, „Sprich es nicht aus“
„Warum?“, frage ich. „Willst du es nicht hören, weil du angst hast es würde etwas zwischen uns verändern?“
Du lächelst sanft und verneinst, „Ist nicht schon alles anders? Wir wissen es beide, wozu brauchen wir Worte?“
Ich folge deinem Blick, er geht ins Nichts. Schweigend sitzen wir da, trotzdem sagen wir uns viel. Alles scheint unwichtig, nur wir beide zählen. Bis die Sonne die Erde küsst. Es war wie damals und doch ganz anders.

Mittwoch, 2. Mai 2012

Träumen

0 Federn.
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Sie lag auf dem Boden ihres Zimmers, die Augen geschlossen, ein Lächeln auf ihren Lippen. In ihren Ohren rauschte Musik, wild und so laut, dass ihr Herzschlag schon lange davon kontrolliert wurde. Sie achtete weder auf die Melodie, noch auf den Text, träumte nur vor sich hin.
Da war eine Wiese, mit vielen Blumen und ein warmer Sommerwind wehte. Sie sah sich tanzen, hüpfen unbeschwert und leicht. Kein Kummer, keine Sorgen, einfach nur lachend. Ihre Haare flogen im Wind, ihr weißes Kleid flatterte mit ihrer Bewegung, in der Hand hielt sie eine Blume. Es war eine Lilie, so rot, wie die Sonne am untergehenden Himmel.
Der Geruch von Lavendel lag in der Luft und sie wollte sich am liebste hinein gleiten lassen. Dass sie allein war störte sie nicht, denn jenes war sie gerne. Fern ab, von allen Menschen. Sie hielt diese für falsch, verlogen und fand, dass die meisten verlernt hatten zu träumen. Dabei es doch das schönste auf der Welt einen Traum zu haben. Immerhin waren doch irgendwo alle Erfinder und großartige Menschen Träumer gewesen,  und alle wurden sie, von den anderen, fantasielosen Menschen ausgelacht. Aber heute, heute bewunderten man sie, allein für das was sie geschaffen hatten. Es sind unsere Träume, die das Leben erst lebenswert machen, das war zumindest ihre Meinung. Oft lag sie einfach nur da, starrte in den Himmel oder schloss die Augen,  immer die Bilder sehend, welche sie sich wünschte. Sie erschuf dann wieder aufs Neue, ihre eigene kleine Welt, ihr eigenes Wunderland. Und jedes Mal war es etwas anders, aber trotzdem eine Sache gemeinsam: Wenn sie dort war, fühlte sie sich gut.
Manche hätte sie als verrückt, oder seltsam bezeichnet, aber das war ihr egal. Sie war glücklich.